Rt Poeticus der Überirdische, profan Christoph Hartlieb.
Ein Ritter von der höchsten Güte
von Getreu und sanft Gemüte,
der insgeheim mehr ist als Schein,
lebendiges Wissen fasst in Reym.
Auf das Buch drücken, um wertvolle Bereicherung seiner kreativen Tätigkeit zu erfahren.
Ein Weiser aus dem Morgenland berichtet:
DU 1 DU 2
Zum Neuen Jahr
Frau X, begabt mit frohem Sinn,
kratzt sich bedeutungsvoll am Kinn
und spricht am Ende eines Jahres
zufrieden und erfreut: Das war es.
Ich konnte mir verschied`nes gönnen,
es hätte schlimmer kommen können,
und ist auch vieles in der Schwebe,
Hauptsache ist es, dass ich lebe.
Mit Energie und eigner Kraft
hab ich Erstaunliches geschafft.
Wenn andre auch vor Ärger toben,
ich muss mich wirklich selber loben.
Es gilt, Vertrauen zu entfalten.
Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten,
und sicher wird das nächste Jahr
noch besser, als das letzte war.
Herr Ypsilon, von Sorgen blass,
fragt sich erschüttert: War es das?
Ich hab mir nichts gegönnt, trotzdem
war´s eher trist als angenehm.
Die Erde ist ein Jammertal,
mit einem Wort: Katastrophal.
Ich hab´s versucht mit aller Kraft;
umsonst, ich bin so abgeschlafft,
dazu, sieht das auch keiner ein,
ein ganz besonders armes Schwein.
Entgegen all den Fortschrittsphrasen
muss ich entschieden Trübsal blasen.
Wahrscheinlich wird das nächste Jahr
noch schlimmer als das letzte war.
O Leser, Menschen sind verschieden,
zufrieden oder unzufrieden,
dick oder dünn, klug oder dumm,
gerade denkend oder krumm.
Der eine gibt zu Protokoll:
Das Glas des Lebens ist halbvoll.
Der andre sagt gedankenschwer:
Mein Lebensglas ist schon halb leer.
Der zeigt sich ruhig, der ergrimmt.
Was ist empfehlenswert? Was stimmt?
Es kommt, so sagt ein weiser Mann,
ganz auf die Perspektive an,
denn je nachdem, wie man´s besieht,
ist es ein Riesenunterschied.
Ein andrer Blick zur rechten Zeit
eröffnet neue Wirklichkeit.
Deshalb mein Rat Dir zum Geleite:
Beschau´s mal von der andern Seite.
Vielleicht erfährst Du: Ei der Daus!
Dasselbe sieht ganz anders aus.
Ich wünsch Dir zu Beginn des Jahrs
am ersten Tag des Januars
vor allem einen klaren Blick,
verbunden mit ein bisschen Glück
und, kommt´s Dir kaum erträglich vor,
was immer hilfreich ist: Humor!
Do it yourself
Ein Mensch will einen Teppich legen
des Nutzens und der Schönheit wegen.
Der alte ist total zerfleddert,
verfärbt, verrutscht, verknautscht, verheddert.
„Do it yourself“ pflegt er zu sagen,
wer etwas will, muss etwas wagen.
“Es spart sich Ärger, Zeit und Geld,
wer keine Handwerker bestellt“.
Es schleicht sich, sagt man, wie allein,
auch ein Erfolgserlebnis ein,
das den, der Müh und Schweiß nicht scheut,
entschädigt, anspornt und erfreut.
Die Axt erspart den Zimmermann,
besonders, wenn man zimmern kann,
und ob man´s kann, erfährt man nie
allein durch pure Theorie;
Natürlich liegt da irgendwo
auch ein gewisses Risiko.
Das heißt, Skrupel herunterschlucken
und dreimal in die Hände spucken!
Allmählich fängt er richtig Feuer:
Heimwerkerei als Abenteuer.
Und irgendwie wird´s ihm schon glücken.
Er säbelt an den Teppichstücken,
damit die Riesenteppichmassen
im einzelnen zusammenpassen.
Zum Glück hat er ein scharfes Messer,
je schärfer, logisch!, umso besser.
Er schneidet, glättet, klebt und drückt,
er steht teils aufrecht, teils gebückt,
er plant und fummelt, schwitzt und bangt
und sieht sich schon ans Ziel gelangt.
Er freut sich und macht Zukunftspläne,
und eitel Freude ist die Szene.
Je mehr er fort- und vorwärtsschreitet,
wird er von Wohlgefühl begleitet.
Mit Herz und Hand ist er dabei.
Da plötzlich schrillt ein Schreckensschrei.
Blut rieselt hier und spritzt nach da.
Der Mensch ist einer Ohnmacht nah.
Am Boden liegt die Fingerkuppe
als Zusatz für die Erbsensuppe,
sofern er nicht zum Doktor geht,
der alles fein zusammennäht,
so dass er sich auf diese Art
sein Fingerspitzgefühl bewahrt.
Das dunkle, rote, warme Blut
schürt heißen Schmerz und kalte Wut,
doch Einsicht kommt, wie´s oft so geht,
sofern sie kommt, auch hier zu spät.
Der Mensch, Verlierer und nicht Sieger,
ist wenigstens ein bisschen klüger:
Ein Stück des Fingers ist entfernt,
jedoch er hat dazugelernt.
Zuweilen wird er ja erst schlauer
durch Schreck, Verluste, Schmerz und Trauer.
Abschied
Das Leben hat zu allen Zeiten,
wie jeder weiß, auch Schattenseiten.
Zu seinen Leiden und Problemen
gehört dabei das Abschiednehmen.
Denn manchmal tut es furcht
Ein jeder Mensch kommt irgendwann
ganz unbedarft im Leben an
wenn er durch den Geburtskanal
zu seiner und der Mutter Qual
sich dorthin einen Weg gebahnt,
wovon er vorher gar nichts ahnt.
Kaum glückt es ihm, sich an die schönen
und trüben Dinge zu gewöhnen,
kaum ist er eines Tages klug
und hoffentlich auch alt genug,
auf jeden Fall erheblich älter,
da stirbt und muss von dieser Welt er.
Wir trennen uns aus vielen Gründen,
um anderswo das Glück zu finden:
Der Embryo im Uterus
verschwindet, weil er will und muss,
und gründet damit letzten Ends
sich eine neue Existenz.
Aus Reiselust, zum Studium,
beruflich, und wer weiß, warum,
damit das Leben ihm gelingt,
Veränderung und Freude bringt,
bewegen wir uns, Gott sei Dank;
wer stets im Bett bleibt, der ist krank.
Nicht nur von Menschen trennt er sich,
lässt sie womöglich gar im Stich,
auch von Tapeten, Kleidern, Uhren,
von Brillen, Zähnen und Frisuren
trennt er sich früher oder später
teils wehmütig, teils mit Gezeter;
von Lebensmustern, die beengen;
von Wünschen, die ins Abseits drängen;
Erfahrungen und Werturteilen,
die schädigen, anstatt zu heilen;
von Illusionen und Idolen,
dem Zwang, sich stets zu wiederholen;
vom Drang, sich selber zu verletzen
und sich nicht richtig einzuschätzen.
Es gilt für jeden, der da lebt
und an Vorhandenem so klebt,
oft wider Willen und Verstehen:
Wer kommt, der muss auch wieder gehen.
Kaum hat er mühsam oder leicht
ein ganz bestimmtes Ziel erreicht,
lockt irgendwo ein neues Ziel,
und weiter geht das alte Spiel:
Abschied von allem, was er kennt,
kurzfristig oder permanent.
Auch wenn er noch so gerne bliebe,
da hilft nicht Hass, da hilft nicht Liebe.
Bejahung oder Widerstreben,
der Abschiedsschmerz gehört zum Leben.
Poeticus (Christoph Hartlieb)
Reich und Arm
Fortuna, mach die Reichen weise
und alle Armen satt und froh.
Schick Sesshafte auf eine Reise,
entflamme Laue lichterloh.
Wart nie so lange, bis es passt
und du die Zeit für etwas hast.
Denn ist es endlich fast so weit,
dann hast du wieder keine Zeit.
Will etwas nicht sofort gelingen,
verlieren viele Lust und Mut.
Oft lässt Erfolg sich nicht erzwingen,
was lange währt, wird endlich gut.
Nicht jedem kann und muss gefallen,
was du bevorzugst, sagst und machst.
Doch zweifellos gefällt es allen,
wenn du von ganzem Herzen lachst.
Ist jemand unfreundlich zu dir,
beschwer dich nicht mit Saus und Braus.
Denn wie´s hineinschallt in den Wald,
so schallt es auch aus ihm heraus.
Stets gibt es Widerwärtigkeiten,
die schmerzhaft schocken, zwicken, jucken.
Das wirksamste Rezept dagegen:
Nicht kauen, sondern einfach schlucken.
Das Leichteste wird schwer wie Blei,
tust du es zögernd, ohne Lust.
Das Schwerste macht dich froh und frei,
tust du es gern uns selbstbewusst.
Das Coaching ist zur Zeit in Mode,
sich coachen lassen wird zur Pflicht
vom Vorschulalter bis zum Tode.
Drum tu es – oder tu es nicht.
Ein Streit ist niemals zu empfehlen,
besonders zwischen zarten Seelen,
schon gar nicht, wenn er dazu führt,
dass dann ein dritter triumphiert.
Der Zahn der Zeit kann mit Behagen,
was lieb und teuer ist, zernagen.
Er spaltet, kratzt, zerschlägt und reibt.
Nur eins nicht: Die Erfahrung bleibt.
Direkte Wege sparen Zeit
im wahren Leben wie im Spiel.
Doch kommt es immer wieder vor,
nur Umwege führ´n dich zum Ziel.
Die Ziege frisst, wo man sie festgebunden,
und frisst halt, was es da so gibt.
Der Mensch kann fressen, fressen, fressen,
wo, was und wie es ihm beliebt.
Wenn Wut und Zorn ihr Haupt erheben,
so wie´s geschieht von Zeit zu Zeit,
gilt´s, extra nach Vernunft zu streben,
denn da liegt auch Irrtum auch nicht weit.
Wohl jeder kann in Zorn geraten,
was nicht so schwer ist zu verstehn,
doch lasse er darüber niemals
die Sonne abends untergehn.
Ein Vorteil, wenn man reden kann.
Noch wichtiger vielleicht, man denkt.
Drum klingt´s auch nicht o k, wenn dann
die Zunge die Gedanken lenkt.
Beachte, eine spitze Zunge
wird durch Gebrauch nicht rund und glatt.
Im Gegenteil, es findet eher
noch weitere Zuspitzung statt.
Die Zunge ist als Instrument
für viele Zwecke zu verwenden.
Doch mög`, ist die Gefahr auch groß,
die Zunge nicht als Zange enden.
Wohl niemand ist allein beliebt,
weil er Besitz hat und Verstand.
Gerade wenn´s bei jemand piept,
ist er für viele intressant.
Es ist kaum möglich, mit zwei Herren
vertraulich und korrekt zu kramen.
Doch wird es ganz bestimmt nicht glücken,
versuchst du dieses mit zwei Damen.
Wenn einer plötzlich kotzen muss,
weil die Verhältnisse so sind,
versuche er doch mindestens,
zu meiden starken Gegenwind.
Dass sich zwei Menschen manchmal streiten,
ist traurig, doch es ist halt so.
Doch sollten sie noch bis zum Abend
den Rest hinunterspül´n im Klo.
Als Gott das Paradies designte,
lag´s selbstverständlich für ihn nah,
dass er dabei dem Vorbild folgte,
was er in Stockholms Schären sah.
Du wirst am Schluss nicht so bereuen
die Fehler, die du einst gemacht,
vielmehr die vielen schönen Fehler,
an die du nicht einmal gedacht.
Steht dir die Scheiße bis zum Hals,
lass deinen Kopf deshalb nicht hängen.
Denn sinkt der Kopf zu tief hinab,
dann kann dich Atemnot bedrängen.
Kannst du zwei Dinge eng verbinden,
dann wird dein Glück unendlich sein:
Ein miserabeles Gedächtnis
und die Verdauung weich und fein.
Wer lachen kann und gerne lacht,
wird überall willkommen sein.
Wer in den höchsten Tönen schnarcht,
bleibt leider lebenslang allein.
Das Glück ist eine hübsche Hure,
hüpft ungeniert von Bett zu Bett.
Drum sei nicht zu vertrauensselig,
ansonsten ist dein Frust komplett.
Das Gestern ist weg,
das Morgen nicht da.
Und heute ist heut,
tirallalala.
Die Dummen drängen sich gern vor,
damit sie möglichst jeder sieht.
Die Klugen halten sich zurück,
damit sie sehen, was geschieht.
Die Bibel legt dem Menschen nah:
Sprich, wenn du sprichst, nein oder ja!
Doch der ergeht sich in Gelaber
und diskutiert das Wenn und Aber
Rauch nie im Bett, so heißt mein Rat,
auch nicht im stillen Kämmerlein.
Die Asche, die herunterfällt,
kann nämlich deine eigne sein.
Wie glücklich sind die Pessimisten,
wenn ihnen der Beweis gelingt,
dass nichts, rein Nichts auf dieser Erde
sie glücklich macht und Freunde bringt.
Mein Freund, du möchtest fliegen, schweben?
Und sei ́s für eine Weile bloß?
Dich über alles leicht erheben?
Ich hab die Antwort: Lasse los!
Nur Schatten wäre unerträglich,
fortwährend Sonne eine Qual.
Welch Glück, die Szene wechselt täglich,
bald so, bald anders, Berg und Tal.
Ein Übel fängt oft ganz klein an,
worauf es sprunghaft wachsen kann.
Statt dich mit Warten zu beschweren,
fass Mut, den Anfängen zu wehren.